Herzrasen aus heiterem Himmel

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Eine Düsseldorferin lebt mit einer Herzrhythmus-Störung das Beispiel zeigt, wie moderne Kardiologie hilft, die Lebensqualität von Herzkranken zu verbessern.

Diese Grippe geht bestimmt schnell vorbei, dachte Herr J. als er das erste Mal dieses beklemmende Gefühl in der Brust verspürte. Anderthalb Jahre später kehrte es zurück. Diesmal mit Herzrasen, Schwindel und Orientierungslosigkeit. Nach zwei Krankenhausaufenthalten weiß der 72-jährige Düsseldorfer heute, dass er unter Herzrhythmusstörungen leidet. Ärzte am Augusta-Krankenhaus entdeckten bei ihm eine „Fehlleitung“ im Herzen und korrigieren diese bei einem Eingriff im Herzkatheter-Labor. Jetzt trägt er zur Beobachtung ein Mini-EKG (Eventrekorder) in der Brust.

Lange Zeit fiel es Herrn J. schwer, etwas vor der Haustür oder allein zu unternehmen. Zu groß war die Angst, wieder eine „Attacke“ erleben zu müssen. Früher hätte er es sich nie träumen lassen, herzkrank zu sein. Nichts deutete in diese Richtung. Der Blutdruck war niedrig, er trank kaum Alkohol, rauchte nicht. Und dann der Schock eines Morgens zu Hause: das Herz beschleunigt plötzlich auf 180 bis 200 Schläge in der Minute. Er fällt zu Boden, spürt einen enormen Druck, Schmerzen wie Messerstiche durchfahren seinen Körper: „Es durchschoss mich in mehreren Schüben. Der Kopf war heiß. Das Herz raste. Da dachte ich: jetzt ist es vorbei.“

Fast zwei Stunden liegt er auf dem Badezimmerboden, kann sich nicht bewegen. Zunächst glaubt er an eine Vergiftung oder einen allergischen Schock, kämpft gegen den Schub, um nicht das Bewusstsein zu verlieren. Schließlich schafft er es, mit dem Notarzt zu telefonieren, kommt ins Marien Hospital Düsseldorf. Hier vermuten die Ärzte einen Tumor in der Nebennierenrinde. Zusätzlich wird ein Langzeit-EKG der Patientin geschrieben – und da fallen den Ärzten die Unregelmäßigkeiten beim Herzschlag auf.

Zwei Wochen später erleidet Herr J. den gleichen Vorfall erneut. Schnell wird klar, dass hier ein Herzspezialist, ein Kardiologe, gefragt ist. Er wird in das auf Herz- und Gefäßmedizin spezialisierte Augusta-Krankenhaus in Düsseldorf überwiesen. Hier diagnostizieren die Ärzte eine Herzrhythmusstörung, ausgelöst durch eine Fehlleitung im Herzen. Prof. Dr. med. Rolf Michael Klein, Chefarzt der Klinik für Kardiologie, erklärt die Ursache: „Auf dem Übergang vom rechten Vorhof in die rechte Herzkammer befindet sich der so genannte AV-Knoten. Dabei handelt es sich um ein elektrisches Verbindungskabel zwischen den Vorhöfen und den Hauptkammern. Bei einigen Menschen gibt es von Geburt an zwei Leitungsbahnen. Unter bestimmten Umständen kann es da zu einem ‚Kurzschluss‘ kommen und es werden beide Leitungsbahnen im Sinne einer ‚Kreiserregung‘ aktiviert, indem eine Bahn die Erregung zum Vorhof leitet und die andere Leitungsbahn simultan die Erregung zur Kammer leitet. Das macht sich in einem abrupt ansteigenden schnellen Puls bemerkbar. Wir lösen dieses Problem im Herzkatheter-Labor durch eine so genannte ‚Ablation‘, d. h. wir eliminieren eine der beiden Leitungsbahnen. Damit behandeln wir ursächlich die Herzrhythmusstörung.“

Diese Therapieoption führen Kardiologen heute standardmäßig in dafür ausgestatteten Herzkatheter-Laboren durch. Am Augusta-Krankenhaus nutzen die Ärzte eine minimalinvasive Technik mit Kathetern, die, verletzungsarm durch Handrücken oder Leiste, in das Gefäßsystem eingeführt werden. Hier bewegen sich die Ärzte im Körperinneren bis zu den Stellen, an denen das Problem entstanden ist. Mittels Hochfrequenzstrom wird dann die zweite Leitungsbahn mit einem speziellen Ablationskatheter „verödet“. Wichtig ist, dass dabei die Funktion des AV-Knotens erhalten bleibt. Das bedeutet, dass die Therapie von einem erfahrenen Kardiologen auf dem Gebiet der elektrophysiologischen Therapie durchgeführt werden sollte. Ein solcher Spezialist ist Dr. med. Reinhard Niehues, Elektrophysiologe und leitender Oberarzt im Augusta-Krankenhaus. Er behandelt Patientinnen und Patienten, die unter einer Störung der Herzfrequenz leiden – wie Herr J. . „Erstes Ziel für uns ist die Dokumentation von Herzrhythmusstörungen. Dies erfolgt in unserer Klinik typischerweise im Rahmen einer nicht-invasiven Stufendiagnostik mit Ruhe-EKG, Belastungs-EKG, einem 7-Tage-EKG oder einem Eventrekorder. In bestimmten Fällen lassen sich Herzrhythmusstörungen durch eine gezielte punktuelle Katheterablation des Arrhythmiefokus schonend und dauerhaft beseitigen – im Fall unserer Patientin mit Erfolg.“ Nach der Ablation sind die meisten Patienten beschwerdefrei, nur fünf Prozent der Behandelten haben danach weiterhin Rhythmusstörungen.

Zur Langzeit-Beobachtung wird einigen Patienten ein kleines Mini-EKG, Eventrekorder genannt, in die Brust implantiert. Wie bei Frau J. werden darauf alle abweichenden Vorfälle dokumentiert. Das Gerät ist so groß wie ein USB-Stick und lässt sich anschließend vom Arzt über einen PC auslesen. „Die Herzrhythmusstörungen von Katarina Jakubacova sind nicht lebensgefährlich. Solche Symptome können aber für die Betroffenen sehr belastend und beängstigend sein. Wir Kardiologen sprechen von einer ‚gutartigen‘ Herzrhythmusstörung“, erklärt Dr. med. Markus Siekiera, Oberarzt der Klinik für Kardiologie am Augusta-Krankenhaus, der das Mini-EKG-Rekorder implantiert hat. „Die Laufzeit der Geräte beträgt drei Jahre. In dieser Zeit kann man regelmäßig überprüfen, ob es zu Herzrhythmusstörungen gekommen ist. Von Implantation bis zur Diagnose beträgt die Zeit im Mittel drei bis sechs Monate.“

„Beschwerdefrei werde ich nie ganz sein, ein Restrisiko bleibt“, sagt Herr J., „Doch die ganz großen Attacken soll es nicht mehr geben.“ Die Therapie hat ihm wieder Mut gemacht, aktiver am Leben teilzunehmen. Mittlerweile sieht er nicht mehr in jedem Speziergang oder im gewohnten Weg nach Hause eine gefährliche Hürde, wie noch vor einem Jahr. Er traut sich mehr zu, geht mit seiner Frau oder mit Famile aus. Und auch über ein Notrufsystem zu Hause hat er bereits nachgedacht. „Ich treibe wieder altersgerechte Fitness und lebe einfach ganz normal weiter. Durch meine Familie erfahre ich dabei eine große Unterstützung, die mir auch in der schweren Zeit geholfen hat.“